Dazu bedarf es eines Interesses. Denn wer Macht ausübt, benötigt einen Grund. Macht ist immer zielgerichtet. Dabei gibt es stets eine psychologische Intention und eine materielle Komponente. Auf diesen beiden Ebenen befriedigt die Ausübung von Macht.
Jeder braucht ein Quäntchen Macht
Zu unterscheiden ist zwischen Menschen, die Macht anstreben und jenen, die sie nur stellvertretend, oft widerstrebend anwenden. Erstere machen sich Macht zu eigen, beispielsweise als Personalleiter eines Unternehmens, um sie für ihre eigenen Ziele einzusetzen, während Angehörige der zweiten Gruppe sogar darunter leiden, wenn sie zum Beispiel Kraft ihrer Befugnisse Mitarbeiter entlassen oder maßregeln. Sie fühlen sich unwohl mit der Macht, die andere genießen.
Das zeigt: Macht ist eine äußerst zwiespältige Angelegenheit. Sie zerstört Menschen. Entweder die Opfer von Machtausübung oder diejenigen, die Macht ausüben. Oft auch beide.
Weshalb streben Menschen dann nach Macht? Um ihre Ideen und Vorstellungen durchzusetzen. Jeder braucht ein Quäntchen Macht für die Bewältigung seines Lebens. Nicht umsonst gibt es die Redewendung: Der Kunde ist König. Darin drückt sich ein klares Machtverhältnis aus. Die Macht, Geld in einem Geschäft auszugeben oder auch nicht. Allein wegen dieser Möglichkeit der Machtausübung wird der Kunde umworben.
Mindestens eine Hand voll Macht
Das kennzeichnet die Machtstruktur in modernen Gesellschaften. Körperliche Gewalt als Machtbasis wurde zugunsten monetärer Gewalt zurückgedrängt. Nicht mehr der Stärkste setzt sich durch, sondern der Wohlhabendste. In einigen Ländern ist das exemplarisch bei Gerichtsverfahren zu beobachten. Wer sich die besten (und damit teuersten) Anwälte leisten kann, hat dort bessere Chancen auf einen für ihn guten Ausgang des Verfahrens. Es ist viel Wahres an dem Spruch: Geld regiert die Welt.
Fast jeder Mensch hat also täglich mindestens eine Hand voll Macht. Wie geht er damit um? Höchst unterschiedlich. Die meisten nutzen sie nicht, sind sich ihrer aber zumindest unbewusst sicher. Denn sobald sie unzufrieden werden, spielen sie ihre Macht aus. Sie betreten das Geschäft nicht mehr, in dem sie zuvor regelmäßig eingekauft haben. Oder verlangen den Abteilungsleiter zu sprechen. Manche versuchen andere Kunden auf ihre Seite zu ziehen und auf diese Weise ihre Macht zu vergrößern. Den gleichen Zweck erfüllen Verbraucherschutzorganisationen, Mietervereine und Gewerkschaften. Jedes Mal geht es um Macht durch Masse.
Dabei verleiht Masse allein keine Macht. Sie ist ein Schauspiel, eine Bühne, eine Umrahmung von Macht und eine eindrucksvolle Pseudolegitimation. Aber kein besonderer Machtfaktor. Erstaunlicherweise. Denn Wahlen werden ausschließlich durch die Masse der Wähler gewonnen, Revolutionen durch die Masse unzufriedener Bürger entschieden. Trotzdem ist Masse weder Auslöser, noch Garant für Macht, weil Macht sich gerade in der Fähigkeit zeigt, Masse zu manipulieren. Das heißt, zuerst ist die Macht, der die Masse sich unterordnet und bereitwillig folgt.
Die Schwäche der Masse ist ihre Zersplitterung
Macht spielt mit Masse. Die Menge Mensch ist Ausdruck für die Kraft einer Idee oder Vorstellung. Sie umkreist Visionen und Möglichkeiten, sammelt sich dort, wohin Macht ihr den Weg weist. Dementsprechend bedeutet Macht die Bewegung, in die eine Masse mittels Ansprache versetzt werden kann. Zumal die Bewegung zu konkreten Handlungen führt, die von der Macht nicht mehr explizit vorgegeben werden müssen.
Macht weist Masse die Richtung. Danach agieren die Menschen selbständig, indem sie sich in immer kleinere Gruppen unterteilen, die ihre eigene Machtstruktur aufweisen. Die Grundidee eilt von Machtzentrum zu Machtzentrum, wird unterteilt, angepasst, verfeinert und dadurch letztlich umgesetzt. Durch die Aufteilung wird Macht zwar in verschiedenen Segmenten jeweils begrenzt, bezieht sich dafür aber immer direkter auf konkrete Menschen oder Gruppen von Menschen. So bestimmt der Vorstand die Ausrichtung eines Unternehmens, die auf Direktorenebene ausgestaltet, von Abteilungsleitern konkretisiert und schließlich von Teams in Produkte, Dienstleistungen und Kundenservice umgesetzt wird. Dabei hat jede Ebene die Macht, Erweiterungen, Kürzungen, Umstrukturierungen oder andere notwendige Schritte im Rahmen des Gesamtplans vorzunehmen, muss sich allerdings auch der größeren Macht gegenüber verantworten. Die Masse der Aktionäre oder Arbeitnehmer spielt bei all diesen Entscheidungen keine Rolle. Ihre Bedeutung steigt erst bei Konflikten, zum Beispiel Arbeitskämpfen.
Die Schwäche der Masse gegenüber Macht ist ihre Zersplitterung. Sie benötigt eine einende Idee und damit wieder eine Macht. So steht letztlich Macht gegen Macht und die Masse ist lediglich eine Waffe in der Hand dieser Mächte. Wohlgemerkt beider Mächte. Denn zum Beispiel bei einem Streik stehen die Arbeitnehmer zwar auf Seiten der Gewerkschaft, die bewusst Arbeitsniederlegungen als Druckmittel einsetzt. Doch auf der anderen Seite bezahlen Unternehmen ihren streikenden Mitarbeitern keinen Lohn und hungern sie damit irgendwann aus – spätestens, wenn der Gewerkschaft das Geld ausgeht. So wird die Masse gegebenenfalls auch zur Stärke der Arbeitgeber.
Bei einem Machtkampf geht es um Deutungshoheit und die Kraft, sie durchzusetzen. Ähnlich der Auseinandersetzung zweier Alphamännchen in einem Rudel. Der Unterlegene reiht sich ein, der Stärkere gibt seine Gene weiter. Im Falle eines Machtkampfes in einer Partei oder einem Unternehmen geht es natürlich um Ideen und Machtstrukturen, die der Sieger in der Organisation implementiert. Die Masse applaudiert beifällig.
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