Zu Beginn stellte die Genderbewegung die Ordnung der Dinge in Frage
Zugleich werden Werte umgruppiert und ihre Bedeutung verschiebt sich im Spektrum ihrer Auslegungsmöglichkeiten. Die sogenannten Prominenten dienen dabei als Testimonials, um die neue Auslegung von Werte vorzuleben und zu empfehlen. Dabei überschreiten sie regelmäßig Grenzen der Peinlichkeit sowie der gesellschaftlichen Akzeptanz, die dadurch nach und nach ausgeweitet werden. Zum Beispiel Toleranz: Vor noch nicht allzu langer Zeit verstanden die Menschen schlicht darunter, jemanden einfach zu lassen, wie er ist. Heute geht es vielmehr darum, gesellschaftlich anerkannt tolerant zu sein. Die Toleranz hat Regeln bekommen, die vorgeben, wer Toleranz in Anspruch nehmen darf. Entsprechend gibt es unter anderem religiöse, queere, rassische, politische, kulturelle Toleranz. Sie etabliert Rechte von Minderheiten. Fühlt sich beispielsweise ein Mädchen eher als Junge und nutzt beim Sport die Jungenumkleide, sind die Proteste der verunsicherten Jungen vergebens. Es ist den Menschen nicht mehr erlaubt, untereinander tolerant zu sein, sondern es gilt verordnete Toleranz. So verstand die österreichische Philosophin Gudrun Perko den Ausdruck queer noch 2005 als eine politische und gesellschaftliche Bewegung „im Sinne eines offenen Projekts, das die angeblich natürliche Ordnung der Dinge in Frage stellt“. Ausdrücklich sowohl in den Bereichen der Sexualität als auch in Debatten wie Multikulturalismus, Interkulturalität, postkolonialer Kritik, Menschenrechte und Demokratie. Daraus geworden ist die verordnete Toleranz gegenüber sexueller Orientierung. Ein Wert, der derzeit besonders hochgehalten wird. Diese „natürliche Ordnung“ darf in Frage gestellt werden. Darüber hinaus wurde die umfassendere Bedeutung von „queer“ durch die übermäßige Betonung nur einer Auslegung „entschärft“.
Was wäre, wenn...?
Werte werden gelenkt. So wie in den 1950er Jahren der Hass auf den Kommunismus in den Vereinigten Staaten und die Wut auf die weltweiten Studentenproteste in den 1960er und 1970er Jahren. Stärkste Triebfeder für Menschen ist dabei ihre Angst vor Veränderung der eigenen Lebenssituation. Was wäre gewesen, wenn der Kommunismus tatsächlich Amerika erobert hätte oder die linksgerichteten Vorstellungen der jungen Generation in Europa Wirklichkeit geworden wären? Vor diesem „Was wäre, wenn…?“ fürchten sich die meisten Menschen grenzenlos.