Verunstaltung von Sprache löst kein einziges Problem
Allerdings verhält es sich mit Werten wie mit der Luft zum Atmen – sie sind ständig um uns und auch notwendig. Dennoch begehren Menschen unaufhörlich gegen sie auf. Vielleicht aber gar nicht gegen die Werte selbst, sondern eher gegen ihre Auslegung und ihren Missbrauch durch andere Menschen. Dazu gehören auch die ständige Etablierung neuer Werte und deren fortwährende Verbreitung über Medien. Gendersprache, Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung – Werte werden in der modernen Gesellschaft zur Schikane, weil ihr Gebrauch erzwungen und auch all denen verordnet wird, die sie nicht teilen. Wenn in Rundfunk und Fernsehen von „Forschenden“ die Rede ist und gewollt ein Wort wie „Moderator*Innen“ extra betont ausgesprochen werden muss, geht manch einer angesichts des Missbrauchs der Sprache an die Decke. Zurecht. Denn die Verunstaltung der Sprache löst kein Problem. Im Gegenteil: Werte, die besonders betont werden müssen, kaschieren nur ihre Missachtung unter der Oberfläche einer unsinnigen Auseinandersetzung. Wem nützt es, irgendwo ein großes „I“ einzufügen, wenn sich grundlegendes Denken nicht verändert? Dann ist es im wahrsten Sinne des Wortes nur ein Lippenbekenntnis. Schon die Sperrigkeit der Sprache offenbart die Unsinnigkeit des Konstrukts als Bekenntnis zum Wert der Gleichberechtigung. Gäbe es wahre Gleichberechtigung in der Gesellschaft, wäre sie der Menschheit überhaupt möglich, würde sie sich gerade in einer schönen und harmonischen Sprache ausdrücken.
Werte werden benutzt und dadurch abgenutzt
Leider zeichnet Gesellschaften über Jahrhunderte hinweg Ungerechtigkeit aus. Spuren davon finden sich in allen Sprachen. Sie enthalten mehr Arten zu fluchen, als Liebe auszudrücken und beschreiben den Krieg genauer als den Frieden. Obgleich es wunderbare Texte über Utopien und Romantik gibt, dominieren umgangssprachlich doch eher derbe Ausdrucksweisen. Was sagt das über uns Menschen? Werte sind, genau wie Sprache, Gebrauchsgegenstände. Sie regeln das tägliche Miteinander wie Verkehrsschilder. Anders als Verkehrsschilder greifen sie allerdings sehr tief in das menschliche Leben ein. Auch Familien verbinden Werte in ihrem Zusammensein. Durch ihre enge Verzahnung mit sozialen Gruppen wandeln sich Werte in gesellschaftlichen Interessenskonflikten zu Argumenten. Sie werden benutzt und dadurch abgenutzt. Manchen wird künstlich durch tausendfache Wiederholungen in Medien, Reden und Bemerkungen eine geradezu mystische Bedeutung gegeben. Andersdenkende werden verbal angegriffen und in gesellschaftliche Ecken gedrängt, um ihr Ansehen zu vermindern. Werte werden als unausweichliche Argumente in Debatten vorgeschoben. Zu manchen Themen herrscht inzwischen ein regelrechtes Denkverbot, wenn diese Werte nicht geteilt werden.
Verbale Kniefälle vor einer abstrakten Gleichberechtigung
Die Menschen stellen eine Fragen zu wenig: „Warum?“ Wer sie stellt, wir heute oftmals als Verräter oder mit ähnlich abwertenden Worten gebrandmarkt. „Warum“ ist nicht mehr opportun, hinterfragen nicht erwünscht. Gleichförmigkeit ist angesagt. Offenheit wird abgestraft. Wie stimmt das mit dem Wert der Gleichberechtigung überein? Gar nicht. Denn Gleichberechtigung ist kein Freiheitswert mehr, sondern ein missbrauchter Wert, der die Menschen zwingen soll, in eine gewollte Richtung zu denken und diese Richtung nicht in Frage zu stellen. Erwartet werden öffentlich verbale Kniefälle vor der Gleichberechtigung. Das Wort dient einer schönen Verpackung. Mehr nicht. Gleichberechtigung als solche wird nicht angestrebt.