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Dienstag, 23. Mai 2023

Eine Scheindemokratie beruhigt die Massen

Die Demonstrationsfreiheit wird allzuoft mit Demokratie gleichgesetzt

Ebenso verhält es sich mit der modernen Kommunikation. Computer und Smartphone sind heute absolut notwendige Geräte, um in der Gesellschaft leben und arbeiten zu können.

Es gibt kein Entrinnen vor dem Konsumismus

Also gibt es verschiedene Ebenen notwendiger Lebensgrundlagen. Zum einen die körperliche mit den Bedürfnissen nach Nahrung, Kleidung und Wohnung. Zudem aber die gesellschaftliche, um eine Teilhabe zu ermöglichen, zu der Bildung, Kultur sowie zivilisatorische Errungenschaften zählen. 

Während die körperlichen Lebensgrundlagen auch weiterhin notwendig bleiben, jedoch für ihre Befriedigung immer weniger Zeit aufgewandt werden muss, liegt der Fokus der weltweit meisten Menschen inzwischen auf der Erarbeitung der gesellschaftlichen Lebensgrundlagen. Sie strengen sich an, um mithalten zu können.

Der Konsumismus setzt also auch in den notwendigen Lebensgrundlagen ständig neue Trends, um sich am Leben zu erhalten und die Menschen in gesellschaftliche Abhängigkeit zu bringen, damit ihre Freiheit beschränkt ist und sie im Sinne des Konsumismus funktionieren müssen.

Der Konsumismus ist gefräßig. Er vertilgt die Erde. Da er alles ist, gibt es kein Entrinnen vor ihm. 

Eine Revolte der Werte

Die Menschheit kann nur hoffen, ihn eines Tages einzudämmen. Selbst Protestbewegungen konsumieren für ihren Protest. Wer sich auf der Straße festklebt, braucht Kleber, später vermutlich neue Kleidung. Journalisten, die darüber berichten, benötigen Stift, Papier, Elektrizität für Computer und Smartphones, Mobilität, um an den Ort des Geschehens zu eilen. Jeder Atemzug dient dem Konsumismus.

Wie lässt er sich eindämmen? Nur durch Werte. Die Gesellschaft muss eine Revolte der Werte entfachen. So wie bei Buschbränden Feuer mit Feuer bekämpft wird, müssen die Menschen Werte den Werten gegenüberstellen. Das ist verdammt schwer.

Die Inszenierung einer Scheindemokratie

Der vielleicht wichtigste Wert für diese Revolte ist Freiheit. Doch dafür muss der Mensch wissen, was Freiheit ist und ob er je frei sein kann.

„In der Argumentation gegen das ‹Leben an der Kette› und auf den ‹Ruderbänken der Galeere›, gegen den politischen und religiösen Despotismus, gegen alle Herrschaft-Knechtschaft-Strukturen stellte Hegel das grundsätzliche Prinzip auf, dass freie Menschen ausschließlich Gesetzen folgen, die sie sich selbst gegeben haben“, heißt es in der Hegelbiografie von Klaus Vieweg (C.H. Beck 2020).

Mit Blick auf die französische Revolution von 1789 meinte Hegel damit sicher eine republikanische Freiheit im Gegensatz zur Unfreiheit der absoluten Monarchie. Denn er sagte auch: „Ohne Einwilligung des Volkes keine Freiheit.“

Im Zeichen demokratischer Strukturen stellt sich die Frage anders: Wieviel Freiheit ist im Laufe der Jahre noch geblieben? Denn mit einer regelmäßigen Stimmabgabe allein ist es nicht getan. Was bedeutet Freiheit also heute und wieviel Freiheit ist Menschen überhaupt möglich? 

Churchill sagte einmal, Demokratie sei die beste aller schlechten Regierungsformen. Vielleicht, weil die gewählten Volksvertreter nicht das alleinige Sagen haben, sondern wie bereits beschrieben, ihnen die Bürokratie fortwährend im Nacken sitzt. Zudem wird Politik von Masse, Lobbyismus und Public Relations beeinflusst. Die hehre Absicht der Volksbeteiligung stößt an ihre Grenze, wenn sich das Volks erstens kaum beteiligt und diejenigen, die sich gegen den Willen der Politik engagieren, zweitens zunehmend missachtet werden. 

Die westliche Welt befindet sich in einer Phase der Postdemokratie. Dieser Begriff wurde bereits im Jahr 2004 vom britischen Politikwissenschaftler Colin Crouch in seinem gleichnamigen Buch geprägt. Darunter versteht er „ein Gemeinwesen, in dem zwar nach wie vor Wahlen abgehalten werden. Es sind Wahlen, die sogar dazu führen können, dass Regierungen ihren Abschied nehmen müssen, in dem allerdings konkurrierende Teams professioneller PR-Experten die öffentliche Debatte während der Wahlkämpfe so stark kontrollieren, dass sie zu einem reinen Spektakel verkommt, bei dem man nur über eine Reihe von Problemen diskutiert, die die Experten zuvor ausgewählt haben. Die Mehrheit der Bürger spielt dabei eine passive, schweigende, ja sogar apathische Rolle, sie reagieren nur auf die Signale, die man ihnen gibt. Im Schatten dieser politischen Inszenierung wird die reale Politik hinter verschlossenen Türen gemacht, von gewählten Regierungen und Eliten, die vor allem die Interessen der Wirtschaft vertreten.“

Wem kommt das nicht bekannt vor? Schlimmer noch: Zur Beruhigung der Massen werde eine Scheindemokratie inszeniert.

Hier schließt sich ein Kreis: Kulturindustrie, Konsumismus, Postdemokratie. Die moderne Welt wird von diesen drei Begriffen repräsentiert. Deshalb noch einmal die Frage: Wieviel Freiheit bleibt noch?


Dienstag, 31. Januar 2023

Die Masse kreiert Werte aus dem kollektiven Strom

 

Einer Discokugel nicht unähnlich, fließt der kollektive Strom durch eine Gesellschaft und transportiert seine Werte
Werte bilden das Gerüst eine Gesellschaft. Aber eines, dass oft erweitert und umgebaut wird. Dadurch ist es nur bedingt verlässlich. Deshalb prallen verschiedene Generationen aufeinander. Sie leben nach unterschiedlichen Werten. Sicher gibt es Überschneidungen, aber ebenso gewaltige Unterschiede. Die sind auf die Trends zurückzuführen, kreiert von der Masse aus dem kollektiven Strom.

Die Kulturindustrie ist ein wichtiger Partner bei der Vermittlung von Werten

Auch Massen sind zu differenzieren. Sie setzen sich fortlaufend neu zusammen. Dabei gibt es zwei Hauptgruppe von Massen: welche, die sich bewusst zusammen finden und Massen, die sich zufällig ordnen. Oft erfüllen Massen auch beide Voraussetzungen. So sind die Mitglieder einer Partei eine organische Masse, auch wenn sie sich nicht immer einig sind. Doch sie agieren nach einheitlich Regeln und Werten. Dagegen sind die Besucher eines Konzerts zwar eine Masse, die sich zu einem bestimmten Zweck zusammengefunden hat, aber sie haben außer dem Musik Geschmack nichts gemeint. Nur im Konzert selbst agieren die Besucher als Masse, die schon in der Pause zerfällt.

Das Wesen der Masse ist ihre Unbeständigkeit. Das liegt daran, weil die Masse selbst keine Werte vertritt. Sie ist Empfänger und Übermittler von Werten, die ihren Angehörigen vertraut sind. Zum einen schöpft sie aus dem kollektiven Strom, darüber hinaus nimmt sie Werte einzelner Menschen auf und verbreitet sie innerhalb der Gruppe. Dabei ist wiederum die Kulturindustrie ein wichtiger Partner bei der Vermittlung von Werten. Sie ermöglicht es, dass kleine Gruppen und sogar einzelne Werte setzen können, solange sie sich bei ihr Gehör verschaffen. Doch auch diese Werte fallen natürlich nicht vom Himmel, sondern sind Fundstücke aus dem kollektiven Strom.

Erinnerung ist eine wichtige Eigenschaft des kollektiven Stroms. Er bewahrt, was war, über einen sehr langen Zeitraum. Seine Speicher sind Aufzeichnungen, fossile Ablagerungen, klimatische Rückstände, mündliche und kulturelle Überlieferungen, Bilder, archäologische Funde, Kunst und Experimente. Das Zusammentragen der menschlichen Herkunft schärft den Blick auf Werte und dokumentiert deren Entwicklung. Besonders in der Bestrafung bei Überschreitung von Werten blickt der Mensch auf sich selbst. Denn häufig sind es nicht die Werte, die sich verändern, sondern der Umgang mit Wertverlust. Diebstahl, Raub und Todschlag wurden schon immer bestraft. Doch heute werden Motivation und Verfassung des Täters berücksichtigt. Es gibt Hoffnung für ihn. Auch hier zeigt sich der gesellschaftliche Blick auf Minderheiten, der Gründe für Nachsicht und Förderung sucht. Früher wurden Randgruppen auf die ein oder andere Weise aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Im Moment geht es um Schutz und Integration.

Heute ist Gewaltfreiheit ein hoher Wert

Dieser Wertewandel war ein langer Prozess, der viele Opfer gekostet hat. Auf das Extrem des Völkermords folgt ein Schutzrecht für alle Menschen. Gerade kommen so wenig Menschen die noch nie in der menschlichen Geschichte gewaltsam ums Leben. Bedeutet das, Werte wandeln sich von einem Ansatz, den Menschen zu zähmen und zu züchtigen, ihn regelrecht zu bekämpfen, um seine Seele zu retten, zu einer lebensbejahenden Freiheitlichkeit, die den Menschen per se als wertvolles Wesen betrachtet?

Der Mensch ist Nutznießer einer Entwicklung, die erst fast unmerklich, dann drastisch sein Leben verändert hat und weiter verändert. Das betrifft vor allem die Notwendigkeit des Lebens: die Arbeit für den Lebensunterhalt. Diese Arbeit macht heutzutage bei vielen nur noch einen Bruchteil der tatsächlichen Arbeitszeit aus. Selbst Geringverdiener arbeiten einen beträchtlichen Teil für Güter, die nicht unbedingt notwendig sind. In vielen Teilen der Welt können sich die Menschen über ihren notwendigen Lebensunterhalt hinaus viele Dinge leisten. Der Warenaustausch ist global organisiert, so dass die Verbraucher relativ gleichmäßig davon partizipieren. Damit entfällt ein wichtiger Grund für Gewaltanwendung. Wem genug zum Leben und darüber hinaus zur Verfügung steht, muss sich Dinge nicht gewaltsam beschaffen. Im Gegenteil: Gesellschaften, in denen die meisten Menschen immer weniger für ihren notwendigen Lebensunterhalt arbeiten müssen, erheben Gewaltfreiheit zu einem sehr hohen Wert, weil sie Sicherheit in der Dingwelt bietet, die alle Besitzer schützt.

Wieso kommt es trotzdem zu Gewalt? Abgesehen von grundsätzlich gewaltbereiten Menschen, die es in jeder Gesellschaft gibt, ist für einige Gewalt Teil ihrer für den Lebensunterhalt notwendigen Arbeit. Es lockt Reichtum, zum Beispiel im Drogen – oder Menschenhandel. In diesen Nischen besteht Nachfrage, entsprechend aktiv sind auch Lieferanten.

Werte müssen akzeptiert sein

Darüber hinaus entsteht Gewalt hauptsächlich aus ethnischen, religiösen sowie politischen Gründen. Ebenso zählt das Bestreben von Staaten dazu, Territorien und Einflussbereiche zu erhalten oder zu erweitern. Im weitesten Sinne sind auch dein Verteilungskämpfe, die sicherstellen, dass es innerhalb einer Gesellschaft ausreichend Güter und Arbeit gibt. Dementsprechend ist Gewalt Ausdruck ungleiche Verteilung auf verschiedenen Ebenen. Selbst ethnische und religiöse Konflikte zeigen Ängste innerhalb einer Gesellschaft vor Verlust der lebensnotwendigen Dinge. Gewalt dokumentiert Ungleichheit. Sie stellt einen Verlust von Werten dar, beziehungsweise ihre Anpassung an eine gewaltbereite Umgebung.

Werte erhalten ihre Gültigkeit durch die Akzeptanz der Menschen. So gesehen kann auch Gewalt einen Wert darstellen. Die Masse setzt die Werte durch ihr Verhalten.

Doch obwohl es möglich ist, Werte frei zu wählen, gibt der kollektive Strom nur diejenigen Werte frei, die der Entwicklung einer Gesellschaft nützlich sind. Das ist schwer zu verstehen. Ganz besonders mit Blick auf die beiden Weltkriege. Millionen Menschen starben und es gab unglaubliche Gräueltaten. Wie konnte es zu diesem Wertewandel kommen?

Dienstag, 17. Januar 2023

Kulturindustrie zur Unterhaltung der Masse

 

Alle sitzen vor ihren Bildschirmen und starren auf Inhalte, die sie nicht mehr voneinander unterscheiden können
Werte brauchen Mehrheiten, um gelebt zu werden. Denn wenn nur einer am Freitag im Büro mit Jogginghose herumläuft, ist das lächerlich. Doch sobald mehr mitmachen, wird eine Bewegung daraus, wie der Casual Friday. Ein Demonstrant steht recht verloren auf der Straße. Tausende machen Stimmung und verschaffen ihren Forderungen gehört. So funktionieren Werte: Sie bieten sich der Masse an. Direkt aus dem kollektiven Strom: Dem Durchschnittstypen, der damit das Gesetz in die eigene Hand nehmen kann.

Keine Chance also für Vernunft? Die Masse ist nicht vernünftig. Sie ist laut, vulgär und weitgehend dumm. Doch alle Mächtigen fürchten die Masse, weil sie in letzter Konsequenz von ihrem guten Willen abhängig sind. Es war immer die Masse, die Umstürze und Revolutionen getragen hat. Die Masse entscheidet Wahlen. Sie ist es, um die Politik, Wirtschaft und Religionen buhlen.

Was genau aber ist die Masse?

Zunächst ganz allgemein eine sehr große Zahl von Menschen. Sie wird sichtbar bei Versammlungen, Konzerten, Sportveranstaltungen, Paraden und ähnlichen Ereignissen. Darüber hinaus bleibt sie im Hintergrund. Sie ist der einzelne Mensch vervielfacht. In ihr verwirklichen sich Gedanken in eine Richtung. Als würde tausendfach dasselbe Stück Treibholz aus dem kollektiven Strom gefischt. Der rohe, unreflektierte Wert wird von der Masse angenommen und wiedergegeben. Durch das Denken der einzelnen Menschen.

Der Gedanke, der den Wert trägt, verbreitet sich wie ein geistiges Lebewesen von Wirt zu Wirt. Das dauert seine Zeit, aber er infiziert eine ausreichende Anzahl. Natürlich sind einige Menschen immun und andere werden insofern „geheilt“, dass sie den Gedanken schlichtweg vergessen. Doch wenn ausreichend Menschen angesteckt werden, das heißt beeinflusst, gewinnt der Gedanke, der Wert unmittelbar an Bedeutung.

Um alles ein wenig zu beschleunigen, gibt es die so genannten Multiplikatoren. Stars, Sternchen, Berühmtheiten und selbstverständlich die Medien. Sie alle Bullen ebenso wie Politik, Wirtschaft und Religionen um die Masse. Doch anders als diese wollen Sie die Masse nicht beherrschen. Sie wollen die Kumpel der Masse sein. Gleiche unter Gleichen. Ihr Ziel ist die Verschmelzung mit der Masse, damit die Masse so sein will wie sie. Es geht um Uniformität des die Individualität betonenden Einzelnen als Teil der Masse oder vielleicht besser einer Massenkultur.

Die Kulturindustrie nimmt mehr und mehr Raum ein

Bereits Theodor Adorno sprach in den 1960er Jahren von der Kulturindustrie, deren einzige Aufgabe es sei, die Masse zu unterhalten und damit ruhig zu stellen. Doch auch eine Aufgabe der Propaganda sah er in den Produktionen von Sendeanstalten, Verlagen und Theatern.

Die Idee ist nicht neu. Schon die katholische Kirche vermittelt seit vielen hundert Jahren ihr Glaubens- und Weltbild vor allem durch Kunst, Architektur und Musik. Da die meisten Menschen damals nicht lesen konnten, wurde Ihnen auf diese Weise die Bibel nahe gebracht. Natürlich hatte die Kirche so die Deutungshoheit.

Die Kulturindustrie ist zu allen Seiten nachhaltig. Werke von Bach sind noch immer populär. Bei jedem Vortrag seiner Musik wird die christliche Botschaft verkündet – bis heute. Dasselbe gilt für Gemälde von Michelangelo sowie natürlich die Kirchen und Kathedralen überall in Europa und vielen Teilen der westlichen Welt. Das Medienkonzept der Kirche ist ein ein einzigartiges Propagandainstrument, dass die menschliche Kultur geprägt hat und noch immer prägt. Es übt sogar Einfluss auf Menschen aus, die nicht den christlichen Glauben angehören.

Die geschickte Verknüpfung von religiösen Werten mit medialer Präsenz verleiht der christlichen Kirche große Macht. Deshalb wurde ihr Konzept oft kopiert – von den Monarchien Europas über den Nationalsozialismus und die sozialistischen Diktaturen bis zu der Parteiendemokratie – ohne je erreicht zu werden.

Doch seit geraumer Zeit nimmt die Kulturindustrie mehr und mehr den Raum der Kirche ein. Kirchliche Gebäude dienen ihr sogar inzwischen als Eventlocations. Die Säkularisierung der Gesellschaft ist weit vorangeschritten.

Werte werden zu leeren Worten

Die Werte vieler Religionen werden zu leeren Werten. Das bedeutet, sie sind noch in der Gesellschaft bekannt, doch ihre Beweggründe und Inhalte geraten zunehmend in Vergessenheit. Sie werden zu regelmäßig wiederkehrenden Ereignissen, die wie Weihnachten und Ostern Teil des Brauchtums sind, ohne die Menschen zu bewegen. Im Vordergrund stehen die Feiertage mit Essen, Trinken und ausgelassener Stimmung. Der Wert hat sich von einer religiösen Zeremonie zu einem Volksfest verändert. Leer sind die Werte deshalb, weil ihre Inhalte verloren sind und den typischen Notwendigkeiten des menschlichen Lebens Platz gemacht haben. Der Befriedigung des körperlichen Wohlbefindens.

Je älter eine Gesellschaft ist, desto mehr leere Werte sammeln sich in ihr an. Dabei werden sie oft von einem sinnhaften Tun zu einer sinnfreien Beschäftigung. Das Brauchtum ist ein Beispiel. Trachten und Tänze geben Gesellschaften Identität und Zusammenhalt. Heute sind sie Spektakel für Touristen und ein schwacher Abklatsch der Erinnerung, ein Nachhall früherer Zeiten für die Einheimischen selbst.

Leere Worte sind nichts und bedeuten vielen Menschen doch alles

Die Kulturindustrie fördert diese Entwicklung. So ist das Bild, dass viele Menschen von den Vereinigten Staaten von Amerika haben, grundlegend von der dortigen Filmindustrie geprägt. Sie entwarf die heroische Eroberung des Westens und den so genannten American way of life. Historische Fakten und die tatsächliche Situation des Landes spielten dabei kaum eine Rolle. Dabei wird wird zwar Glaubwürdig verspielt, aber ein Weltbild gewonnen. Die Kulturindustrie hat die Deutungshoheit über die Historie, Gegenwart und Zukunft der Menschheit errungen. Sie füllt leere Werte mit ihren eigenen Inhalten. So konnten auch kirchliche Feiertage zur reinen Konsum festen verkommen.

Die moderne Welt produziert unendlich mehr leere Werte. Vieles ist in Auflösung begriffen. Immer weniger Menschen engagieren sich ehrenamtlich für die Gesellschaft. Kaum jemand setzt sich noch außerhalb der eigenen Belange ein. Der Staat, repräsentiert durch Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Religionen, wird von der überwiegenden Mehrheit als inkompetent angesehen.

Der Schlamassel wird von den leeren Werten verursacht. Sie sind nichts und bedeuten vielen Menschen doch alles. In vorderster Reihe die Ereignisse der Kulturindustrie in Form von Musik, Film, Büchern, Spielen, Theater, Kunst, Events und einigen mehr. Die Menschen lassen sich beschäftigen, aber sie nehmen dadurch nicht aktiv an der Entwicklung ihrer Gesellschaft teil.